Bericht von der Parteivorstandssitzung vom 11./12. Januar 2025 von den Mitgliedern der Antikapitalistischen Linken in der LINKEN im PV
Am 11. und 12. Januar 2025 kam der Parteivorstand der LINKEN zu einer ordentlichen Sitzung in Berlin zusammen. Anwesend waren 22 von 26 Vorstandsmitgliedern.
Alle Beschlüsse und Vorlagen sind in Kürze auf der Homepage der LINKEN nachzulesen
1. Aktuelle politische Lage
Die Aussprache über die aktuellen politischen Entwicklungen fiel angesichts des umfangreichen Tagesordnungspunktes zur Absegnung des Wahlprogramms sehr knapp aus.
Zeitgleich zur PV-Sitzung fanden die von der LINKEN umfangreich unterstützten Demonstration und Blockadeaktionen gegen den AfD-Bundesparteitag in Riesa statt. Es wurden solidarische Grüße dorthin geschickt und versprochen, auf dem kommenden Parteitag eine Geldsammlung zur Unterstützung der bisherigen und kommender Aktionen gegen die AfD durchzuführen.
Die LINKE ist in allen großen Medien erwähnt worden. Wie schön. Anlass war ein Schaumtortenangriff auf den Bundesfinanzminister Lindner. Solche Puddingattentate haben in der Geschichte der Linken in Deutschland eine gewisse Tradition, aber sie sind zu mehr als kurzfristigem Aufsehenerregen jenseits der eigentlichen politischen Inhalte nicht in der Lage. Aber einen Grund zur lautstarken Distanzierung von dieser Aktion aus den Reihen des Jugendverbandes sah im PV glücklicherweise niemand.
Der grausame Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg war noch einmal Thema, weil er beispielhaft zeigt, wie schwach die Möglichkeiten der demokratischen und linken Öffentlichkeit in Deutschland zurzeit sind, zu verhindern, dass auch solche Amokaktionen fast ungefiltert für die Propaganda der Rechten gegen Migrant:innen und Flüchtlinge instrumentalisiert werden können.
Zur Verfeinerung der innerparteilichen Kommunikation werden in Zukunft auch die Unterlagen und Protokolle des geschäftsführenden Parteivorstandes für alle PV-Mitglieder zugänglich gemacht, wie es früher auch üblich war.
2. Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2025
Den allergrößten Teil der PV-Sitzung nahm die Beratung über gut 500 Änderungsanträge zum Entwurf des Wahlprogramms ein, die in der verkürzten Diskussionsphase über den Jahreswechsel eingereicht wurden. Es ging darum, ob der Parteivorstand als Antragssteller an den Parteitag diese Anträge übernimmt oder erst eine Entscheidung vom Parteitag erfolgt.
Ein großer Teil der Änderungsanträge wurde ganz oder in einer nicht völlig den Sinn entstellenden Teilübernahme übernommen. Wenn die Antragssteller:innen mit dieser Teilübernahme nicht einverstanden sind, muss dies erklärt werden und der Parteitag berät über diese Anträge.
In der kommenden Woche wird es an jedem Abend nach den Kapiteln des Programmentwurfs aufgeteilte Sonderberatungen der Antragskommission mit den Antragsteller:innen der nicht übernommenen Änderungsanträge und jeweils dafür beauftragte Vertreter:innen des Parteivorstandes geben, um in einer letzten Runde zu klären, ob weitere Änderungsanträge übernommen werden können oder einvernehmliche Regelungen zu Teilübernahmen gefunden werden.
Die AKL hatte eine Reihe von Änderungsanträgen eingereicht und weitere von anderen Antragssteller:innen mit unterstützt. Auch davon wurde einiges übernommen – so wird auch dieses Wahlprogramm wenigstens einmal erklären, dass die LINKE für eine sozialistische Gesellschaft kämpft. Die traurige Ausnahme davon beim Programm zur letzten EU-Wahl wurde damit immerhin ein wenig korrigiert.
Der AKL-Bundessprecher:innenrat wird jetzt klären, ob wir mit den Teilübernahmen einverstanden sind und ob die nicht übernommenen Anträge aufrechterhalten werden.
Dieses umfangreiche und umständliche Antragsberatungsverfahren ist natürlich formal demokratisch, aber gleichzeitig zeigt es auch die Grenzen einer solcherart praktizierten Demokratie auf. Bei 500 Anträgen werden alle Anträge gleichbehandelt – egal, ob sie nur ein Wort, einen ganzen Satz oder einen komplett neuen Gedanken, Forderung oder gar ganzes neues Kapitel fordern. Das kann sinnvoll nur dann funktionieren, wenn in der Partei ein sehr hohes Maß an politisch-inhaltlichen Übereinstimmungen besteht. Gibt es zu einzelnen Fragen größere und nachhaltigere Differenzen, scheitert dieses Verfahren. Dann müssen Verfahren eingeführt werden, wo entlang größerer, ausgearbeiteter Alternativtexte diskutiert und entschieden wird. Solche neuen, kollektiven Diskurs- und Entscheidungsverfahren haben sich in der LINKEN leider bis heute nicht etablieren lassen. Wir von der AKL haben darauf immer wieder hingewiesen, dass ohne solche neuen Diskurstechniken die Krise der Partei nicht behoben werden kann.
Das Wahlprogramm mit allen Änderungen und allen noch offenen Entscheidungen wird vor dem Parteitag am 18. Januar den Delegierten und der Mitgliedschaft zugänglich gemacht. Auf dem Parteitag wird es erst eine Generaldebatte geben, die – so wurde es auf dieser PV-Sitzung ausdrücklich beschlossen – inhaltlich in Blöcke aufgeteilt werden soll. Nach der Generaldebatte wird es die Einzel- und Schlussberatung der verbliebenen offenen Änderungsanträge und dann des Gesamttextes geben.
3. Weitere Beschlüsse
Der Sonntagvormittag des PV-Wochenendes begann mit der Teilnahme an der jedes Jahr am zweiten Januarwochenende stattfindenden Gedenkveranstaltung für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Parteivorstand und mehrere Landesverbände und Einrichtungen der LINKEN legten Kränze an der Gedenkstätte in Berlin nieder.
– Der PV beschloss die formale Tagesordnung des Parteitages am 18. Januar 2025 und das Budget. Der Parteitag wird 640.000 Euro kosten, ohne die Aufwendungen der Landesverbände und der einzelnen Delegierten. Ein teurer Spaß.
– Der PV wurde über den Fortgang der Einrichtung einer Europa-AG informiert, die die inhaltliche und organisatorische Neuaufstellung der LINKEN innerhalb der europäischen Linken koordinieren soll.
– Der PV nahm eine Vorlage zur Lage in Syrien an mit Forderungen zu einer solidarischen Unterstützung des Neuaufbaus in Syrien durch die Bundesregierung, zu einer Verteidigung des Asylrechts für Menschen aus Syrien und einer antimilitaristischen Außenpolitik gegenüber Syrien als Teil einer neuen Nahost-Politik an.
– Der Sitzungsplan des Parteivorstandes für 2025 wurde in veränderter Fassung beschlossen. Wir werden uns alle häufiger sehen – so viel ist klar.
– Der PV unterstützt auch in diesem Jahr die Demonstration „Wir haben es satt“ am 18. Januar 2025 in Berlin, auf der ein breites Bündnis von Organisationen für eine gerechte Landwirtschaftsordnung, gesunde Ernährung und Entmachtung der großen Lebensmittelkonzerne demonstriert.
– Der PV beschloss eine Vorlage zur besseren Organisation unserer innerparteilichen Demokratie und Diskussion. Es sollen Strukturen geschaffen werden, die unsolidarische Verhaltensweisen, Ausgrenzungen und undemokratische Verfahren zurückdrängen.
– Auch in diesem Jahr wird zum 8. März Material mit Forderungen der Frauenbewegung erstellt werden, in besserer Kooperation zwischen dem KL-Haus und den verantwortlichen Genossinnen im PV.
Nina Eumann, Thies Gleiss, 13.01.2025