Erklärung zur drastischen Mittel-Kürzung für das UNO-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) durch die US-Regierung vom 16. Januar 2018

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Der BAK Gerechter Frieden im Nahen Osten der Partei DIE LINKE wendet sich mit Nachdruck gegen die Entscheidung der US-Regierung, die Zuwendungen der USA für das palästinensische Flüchtlingshilfswerk UNRWA bei der UNO um 65 Millionen US-$ zu kürzen.

Das Hilfswerk UNRWA wurde von der UNO 1949 speziell für alle im Zuge der Gründung des Staates Israel aus ihren Heimstätten vertriebenen oder geflüchteten Palästinenser*innen ins Leben gerufen. Die UN-Organisation betreut heute mehr als fünf Millionen Menschen. Das UNRWA-Mandat ist unmittelbar verknüpft mit der Implementierung der UN-Resolution 194 (III) vom 11. Dezember 1948, wonach „den Flüchtlingen, die in ihre Heimat zurückkehren und in Frieden mit ihren Nachbarn leben wollen, dieses zum frühestmöglichen Zeitpunkt gestattet werden sollte und dass jenen, die nicht zurückzukehren wünschen, Entschädigung für ihr Eigentum, für den Verlust oder die Beschädigung des Eigentums zu zahlen ist“.

Die heutigen Aktivitäten umfassen die Bereiche Bildung – insbesondere die 700 UNRWA-Schulen, medizinische Versorgung, lebensnotwendige Unterstützung für Bedürftige, die Infrastruktur in Flüchtlingslagern und Nothilfe. UNRWA-Dependancen agieren in der Westbank, in Ost-Jerusalem, im Gaza-Streifen wie auch in Jordanien, Libanon und in Syrien.

Eine massive Kürzung der Mittel verschärft die Situation für die palästinensischen Flüchtlinge, die bereits jetzt in besonders starkem Ausmaß von Armut, Arbeitslosigkeit und Unsicherheit bei der Lebensmittelversorgung betroffen sind, und hat Gaza an den „Rand einer Katastrophe“ (UNO) gebracht. Die Menschen im Gazastreifen leiden unter der zehnjährigen anhaltenden Blockade und nach drei Kriegen unter einem massiven Verfall der Infrastruktur sowie darunter, dass ihre ökonomische Situation absehbar völlig kollabiert. Nach der willkürlichen, völkerrechtswidrigen Entscheidung der US-Regierung zum Status von Jerusalem (siehe dazu die Erklärung des Sprecher*innenrates des BAK Gerechter Frieden im Nahen Osten https://akl.minuskel.de/?p=2365) macht die US-Regierung nicht einmal vor den größten Opfern des israelisch-palästinensischen Konflikts und schwächsten Gliedern der palästinensischen Gesellschaft, den Flüchtlingen, halt und stärkt damit nachdrücklich die Position der reaktionärsten politischen Kräfte in Israel. Der Entzug beträchtlicher Finanzmittel soll als Druckmittel einer Erpressungspolitik gegenüber der Palästinensischen Administration dienen, ohne „Vorbedingungen und unverzüglich“ an den Verhandlungstisch zurückzukehren, wie US-Präsident Donald Trump dem palästinensischen Präsidenten Abbas bereits wiederholt gedroht hat.

Folgerichtig warnt der UNRWA-Generaldirektor Pierre Krähenbühl „vor einem erhöhten Risiko für Radikalisierung – und vor einer Fluchtbewegung in Richtung Europa. Jene Palästinenser, die keine Zukunftsperspektive mehr haben, würden möglicherweise nicht in der Region bleiben“. Er sprach von der „dramatischsten finanziellen Krise in der Geschichte der UNRWA“.

Wir fordern die deutsche Bundesregierung auf:

  • Die Entscheidung der US-Regierung unverzüglich zu verurteilen und sie aufzufordern, diese zurückzunehmen; sich wirkungsvoll dafür zu engagieren, dass sich die EU in Übereinstimmung mit ihren Deklarationen den jüngsten Aktivitäten der US-Regierung, die darauf hinauslaufen, die Konflikte im Nahen Osten noch weiter anzuheizen, aktiv entgegenstellt;

  • Sich in der EU und gegenüber anderen Staaten mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass UNRWA seinen Aktivitäten uneingeschränkt nachkommen kann; auch sollten Deutschland und die EU notfalls bereit sein, die fehlenden Beträge bereitzustellen;

  • Eine eigenständige Israel-Palästina-Politik zu betreiben, ihre faktische Unterstützung für die israelischen Besatzungs- und Siedlungspolitik aufzugeben und auf eine tragfähige Friedenslösung hinzuwirken, die sicherstellt, dass die Rechte aller Menschen in Israel und den besetzten Gebieten sowie die der palästinensischen Flüchtlinge gewahrt und das Völkerrecht wie die UN-Menschenrechtskonventionen endlich eingehalten werden;

  • Den Staat Palästina sofort diplomatisch anzuerkennen – in den Grenzen von 1967 und mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt – und andere Staaten aufzurufen, dies ebenfalls zu tun;

  • Den Handel mit Waffen, Rüstungsgütern und „dual-use“-Produkten mit allen Ländern des Nahen Ostens einzustellen, die am israelisch-palästinensischen Konflikt direkt beteiligt sind. Dies gilt ebenso für Rüstungslieferungen, die für die Empfänger unentgeltlich sind oder anders kompensiert werden. Ebenso muss die Zusammenarbeit mit den Streitkräften dieser Staaten beendet werden, etwa zum Zweck der Ausbildung im Häuser- und Tunnel-Kampf; wir unterstützen die Petition „Keine Waffen nach Nahost“ https://www.kopi-online.de/wordpress/?p=880

  • Sich in der EU einzusetzen für die zeitweilige und bedingte Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel, bis zu dem Zeitpunkt, da Israel die in Artikel 2 eindeutig benannten Voraussetzungen aller Vertragspartner zur Einhaltung der Menschenrechte und des Völkerrechts und damit zur Beendigung der Besatzung und vollständigen Aufhebung der Blockade Gazas erfüllt.