Einige Schlussfolgerungen aus den letzten Ereignissen zur Zukunft der LINKEN
Alle sind sich einig: Ein Weiter-so geht nicht, aber wie dann?
Die Wahlen zum Europäischen Parlament und die jüngsten Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen haben für DIE LINKE zu erheblichen Einbrüchen bei den Wahlergebnissen geführt. Die AKL hat die Gründe für die Schlappe bei der EU-Wahl ausführlich dargelegt (https://akl.minuskel.de/?p=3114#more-3114); und eine entsprechende Analyse der Landtagswahlergebnisse veröffentlicht (https://akl.minuskel.de/?p=3186#more-3186).
Über das dort Gesagte hinaus sind deutliche Schlussfolgerungen für die Zukunft der LINKEN zu ziehen, damit aus ihrer aktuellen Krise als Wahlalternative nicht auch eine existentielle Krise der LINKEN wird. Von verschiedenen und sehr unterschiedlichen Seiten wird aktuell ein „Nicht-weiter-so“ für DIE LINKE gefordert. Doch was dies genau heißen soll, wird nicht verraten, oft um Spekulationen nicht zu verhindern, sondern sogar zu befeuern. Die von einem Teil der Partei geforderten Rücktritte der Führungsebene lehnen wir als Antwort auf die Wahlniederlagen ab, solange nicht eine schonungslose und breite innerparteiliche Debatte über die Ursachen und insbesondere die Alternativen geführt worden ist.
1. Das Gründungsprinzip der LINKEN
DIE LINKE ist vor zwölf Jahren als ein Zusammenschluss unterschiedlicher links-politischer Strömungen, aus unterschiedlichen historischen Zusammenhängen und mit unterschiedlichen politisch-strategischen Vorstellungen gegründet worden. Das war ein Projekt der Widersprüche in der Theorie, aber auch in der politischen Praxis. Dennoch wurde DIE LINKE ein relativ erfolgreiches Projekt, mit dem Aufbau einer der größten links von der Sozialdemokratie angesiedelten Parteien in Europa; mit einer für in klassenpolitisch relativ friedlichen Zeiten Wahlunterstützung von rund zehn Prozent; mit einem gewissen Einfluss in der Gewerkschaftsbewegung und mit materieller Unterstützung für die sozialen Bewegungen aller Art. DIE LINKE hat das Parteiensystem in Deutschland aufgemischt und auch im Regierungshandeln musste auf die Existenz der Linkspartei Bezug genommen werden. Zugleich verblieb die Partei aber unter ihrem Potential.
Dieser Gründungskompromiss war niemals ein statischer, sondern, wie es im Gründungsprogramm der LINKEN schon beschrieben wurde, wichtige ungeklärte inhaltliche Fragen, programmatische Kompromisse wie auch neue gesellschaftliche Themen werden diesen Kompromiss stetig herausfordern.
Die letzten Jahre haben deutlich gemacht, dass in zentralen Fragen eine politische Klärung herbeigeführt werden muss, damit DIE LINKE handlungsfähig bleibt. Die folgenden drei Themen sind natürlich nicht die einzigen relevanten Themen, zu denen sich DIE LINKE verhalten sollte, aber es sind die aktuellen Themen, an denen ein Fortbestand der grundlegenden Differenzen und Unentschiedenheit zu einer Lähmung der Partei führen:
- Das zentrale Projekt des Kapitalismus in Europa, der weitere Ausbau der Europäischen Union, ist in einer finalen Krise. DIE LINKE muss sich in der Praxis entscheiden, ob sie aktiver Teil einer Alternative zur EU, eines linken Europa von unten oder ein Teil der Retter*innen der EU auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung wird. Die AKL hat beim letzten Bundesparteitag bereits einen politischen Beitrag zur Debatte und einen Anfang zur Klärung geleistet.
- Die globalen Krisen des Kapitalismus, seine Kriege und Zerstörungen haben zusammen mit den neuen Möglichkeiten des Informationsaustausches und des Verkehrs dazu geführt, dass die weltweite ungleiche Entwicklung verschärft als kombinierte Entwicklung abläuft. Die von den Folgen des Kapitalismus betroffenen Menschen drängen in die reicheren Zonen der Welt. Sie fliehen vor unhaltbaren Zuständen, die der Kapitalismus geschaffen hat und wollen sich berechtigterweise etwas davon zurückholen, was ihnen der Kapitalismus täglich raubt. DIE LINKE muss sich in der Praxis entscheiden, ob sie Teil der Abschottungspolitik der Reichen gegenüber den Armen wird, verbunden mit einer nationalstaatlich basierten sozialdemokratischen Ideologie beziehungsweise die Einwanderung im Sinne der herrschenden bürgerlichen Eigentumsordnung zu regeln, oder ob sie einen modernen Internationalismus verfolgt, mit weltweiten sozialen Rechten und weltweitem Klassenkampf von unten.
- Seit jetzt schon fünfzig Jahren melden sich fast kontinuierlich zunehmend die krisenhaften Auswirkungen der kapitalistischen Produktionsweise auf die Biosphäre und die Ökologie jeglichen Lebens auf dem Erdball. Millionen von Menschen sind vom Klimawandel und von den weiteren Zerstörungen in Boden, Luft, Wasser und Artenvielfalt unmittelbar bedroht und eine weltweite, überwiegend junge Protestbewegung etabliert sich dagegen, ähnlich stabil wie die Jahrhundertbewegungen für soziale Gerechtigkeit und für Frieden. DIE LINKE führt eine etwas gestrige Debatte, ob die ökologisch zerstörerische Dynamik des Kapitalismus nur ein zu kritisierendes Anhängsel, ein Nebenwiderspruch ist. Dieser Ansicht muss grundsätzlich widersprochen werden. Die ökologische Krise ist Teil der ökonomischen und politischen Krise, in der sich der Kapitalismus befindet. DIE LINKE muss sich in der Praxis entscheiden, ob sie Stellschrauben der kapitalistischen Produktion ändern will und dabei mitmacht, die Krisenfolgen durch indirekte Steuern der Bevölkerung aufzubürden, oder ob sie das Privateigentum an Energiekonzernen und die kapitalistische Wirtschaft überwinden will und sie anerkennt, dass die weltweiten Klassenkämpfe um soziale Gerechtigkeit und Frieden heute nahtlos mit den Kämpfen um eine intakte und nachhaltige Natur und Umwelt verwoben sind, und DIE LINKE Teil von ihnen werden muss. Die Diskussion zu Klima und Kapitalismus findet in der Partei derzeit in der Breite mit neuer Intensität statt und es ist die Durchführung eines Bundesparteitags mit eigenem Tagesordnungspunkt dazu geplant. Wir meinen, dass sich DIE LINKE bei diesem Parteitag dazu entscheiden muss, mit voller Kraft einen sozialistischen Pol in der Klimabewegung aufzubauen und einen zentralen Beitrag zu leisten, die Klimabewegung mit der organisierten Arbeiter*innenbewegung zu verbinden.
Die Polarisierung an allen drei Themen ist kein Zufall, sondern Widerspiegelung der Akzeptanz der kapitalistischen Marktwirtschaft bei maßgeblichen Teilen der Partei- und Fraktionsführung, aber auch in nicht unwesentlichen Teilen der Mitgliedschaft. Dazu kommt der immer wieder gescheiterte Versuch, die Diskurse von SPD und Grünen etwas nach links zu verschieben. Aufgabe der LINKEN ist jedoch nicht, die linke Flanke des bürgerlichen Establishments abzudecken, sondern einen Weg aufzuzeigen, wie die Bewegungen Erfolge erkämpfen können und einen sozialistischen Pol in diesen aufzubauen. Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund der Perspektive einer sich entwickelnden Rezession, in der auch die Konflikte um Löhne, Arbeitszeit und Transferzahlungen sowie der Kampf um Arbeitsplätze wieder mit voller Wucht auf die Tagesordnung kommen werden.
2. Entscheidungen mit Mehrheit und Minderheit, Widersprüche aushalten
In mindestens diesen Fragen muss DIE LINKE inhaltliche Entscheidungen fällen und eine entsprechende Praxis verstärken. Das Aussitzen und Hoffen auf Kompromisse, das dann gerne noch von undemokratischen Ad-hoc-Maßnahmen des Parteiapparates oder einzelner Spitzenleute ergänzt wird, kann nicht länger funktionieren. Bei inhaltlichen Klärungen gibt es natürlich Minderheiten, sowohl auf Parteitagen oder in Landesverbänden. Aber diese Klärungen müssen erfolgen. Ein Nicht-Verhalten und ein Nichtstun unter Verweis auf ungeklärte Fragen oder vereinbarte Kompromisse kann sich DIE LINKE angesichts der praktischen Alltagsbedeutung dieser Fragen nicht mehr leisten. Mehrheits- und Minderheitsabstimmungen in wichtigen Fragen kann DIE LINKE problemlos verkraften, ohne ihre grundsätzliche Pluralität der Gründung aufzugeben. Erforderlich sind dafür aber geregelte Minderheitenrechte, so dass Minderheiten auch weiterhin in der Partei für inhaltliche Mehrheiten streiten können.
Die AKL hat sich zu all diesen Fragen klar positioniert und alle Parteidebatten und -versammlungen der letzten Zeit haben gezeigt, dass der Rest der Partei dies auch machen muss.
3. Weder von unten, noch von oben – die Wirklichkeit des „linken Lagers“
Die gesamten zwölf Jahre der Existenz der LINKEN haben gezeigt, dass die Kalkulation, die Neugründung der LINKEN würde die mit der Agenda 2010 vollends in der kapitalistischen Krisenverwaltung verstrickten SPD und GRÜNE nach links drücken und ein neues „Lager links von der CDU“ konstituieren, falsch war. Wer „links“ sein will, hat SPD oder GRÜNE mit wenigen Ausnahmen verlassen und sich – wenn es gut läuft – der LINKEN angeschlossen oder sich in sozialen Bewegungen insbesondere zu den neuen Großthemen Klimakrise, Mietenwahnsinn, Pflege und Flüchtlingssolidarität engagiert.
Viele, insbesondere junge Leute gehen für diese Themen auf die Straße. Sie verkennen, dass die GRÜNEN dabei keine wirkliche politische Partnerin sind und lassen sich zuweilen von dem Hype bezüglich der GRÜNEN anstecken. Das ist Ausdruck mangelnder politischer Aufgeklärtheit mancher dieser realen Bewegungen, was ihre aktuelle Dynamik nicht mindert, aber dennoch ihre Beschränktheit aufzeigt, die insbesondere linke Kräfte und DIE LINKE zu beheben helfen müssten.
In Mobilisierungen für mehr Lohn und Renten, gegen Kriegsbeteiligungen, gegen die Zerstörung des Klimas, gegen den Überwachungsstaat tauchen natürlich einzelne Mitglieder von SPD und GRÜNEN auf, aber eine politische Einheitsfront mit ihnen – die in diversen Regierungen und sonstigen Strukturen größtenteils zum staatlichen Gegner dieser Mobilisierungen gehören – konnte nie entstehen.
Bei keiner Parlamentswahl seit 2007 gab es ein „linkes Lager“, in dem LINKE, GRÜNE und SPD sich in Grundfragen einig waren und eine fortschrittliche Wähler*innenschaft auf sich aufteilten. Man nahm sich nur Stimmen weg oder trieb die Menschen zur Nichtteilnahme. Auch das massive Auftreten rechtsradikaler Parteien und heute der AfD hat nicht zu diesem linken Lager bei Wahlen geführt.
Die SPD und GRÜNEN sind heute weiter rechts angekommen als 2004. Waren sie damals noch zerstritten, so sind heute fast Zweidrittel der Mitglieder der SPD erst nach 2004 und bewusst in eine Hartz-IV-Partei eingetreten und komplett auf Markt und Kapitalismus ausgerichtet. Die GRÜNEN haben ihre gegenwärtig erfolgreiche Image-Kampagne ausdrücklich darauf angelegt, die Partei der letzten Hoffnung auf eine Zukunft des Kapitalismus, als neue bürgerlich-konservative Kraft zu sein. Diese Rolle können die GRÜNEN auch deshalb spielen, weil ihr insbesondere von der LINKEN die Rolle einer konsequenten Alternative zur AfD und deren Politik der Angst überlassen wurde. Da spielen auch die unklare Haltung der LINKEN in der Flüchtlingspolitik und der Streit darüber im letzten Jahr eine prägende Rolle. Ein wesentlicher Teil der Führung und des Apparats der GRÜNEN orientiert auf Schwarz-Grün.
Das Projekt vor allem der ostdeutschen Landesverbände der LINKEN und des Forum Demokratischer Sozialismus, zu einem von oben mittels Absprache der Parteiführungen und noch mehr der Fraktionsführungen in Parlamenten erzeugten Parteienbündnis von SPD und GRÜNEN zu kommen, das sich zu gemeinsamen Regierungen (R2G) zusammenfindet, ist aus unserer Sicht politisch zum Scheitern verurteilt und wir werden es weiter bekämpfen.
SPD und noch mehr die GRÜNEN entscheiden ihre Koalitionspräferenzen nur nach tagespolitischen Opportunitäten und Postenverteilung.
Einige in der Partei argumentieren, in Berlin sei doch alles anders. Zum einen ist in Berlin nicht alles anders: Auch hier wird abgeschoben, werden Schulgebäude in eine GmbH überführt, werden radikale Vorschläge der LINKEN zum Mietendeckel abgeschwächt, um SPD, Grünen und Immobilienkonzernen entgegen zu kommen. Zum anderen ist der Grund dafür, dass die rot-rot-grüne Regierung in Berlin eine etwas andere Politik als in Thüringen betreibt (und in Brandenburg betrieben und in Bremen vereinbart hat), vor allem dem Druck der außerparlamentarischen Bewegungen geschuldet.
Hinzu kommen gewisse Steuerüberschüsse, die einige Zugeständnisse erleichtert haben. Diese werden jedoch im Zuge der sich anbahnenden Rezession schnell Makulatur werden und letztere wird die Politik der Landesregierungen samt Schuldenbremse prägen. Einen Vorgeschmack darauf werden wir im überschuldeten Bremen erleben. Alle Verbesserungen, die DIE LINKE Bremen in den Koalitionsvertrag verhandelt hat, stehen unter Finanzierungsvorbehalt. Darum war auch das erste, was DIE LINKE in den Sondierungen an programmatischen Positionen preisgab, dass sie die Schuldenbremse mittragen würde.
Mehr zum Thema: https://akl.minuskel.de/?p=3138#more-3138 und https://akl.minuskel.de/?p=3121)
Ebenso gescheitert ist der Versuch, ein neues Bündnis mit SPD und GRÜNEN von unten zu formieren. Dafür steht die Initiative „Aufstehen“, die völlig an der Wirklichkeit vorbei, und zusätzlich künstlich mit Hilfe von Werbeagenturen und Klickgemeinschaften, konzipiert wurde. „Aufstehen“ hat SPD und GRÜNE gar nicht tangiert und allein bei der LINKEN schwere Zerrüttungen hinterlassen. Das Projekt selbst ist heute nahezu tot. „Aufstehen“ ist heute höchstens ein Mahnmal, dass programmatische Verflachungen und das berühmte sozialdemokratische „Ballast abwerfen“ noch niemals in der Geschichte zu einer den Kapitalismus herausfordernden Kraft geführt haben.
Doch auch wenn „Aufstehen“ gescheitert ist, ist die Wiederauflage eines linkspopulistischen Projekts mit ähnlichem Spitzenpersonal in der Zukunft eine Möglichkeit – vor allem, wenn sich die Krise der LINKEN fortsetzt.
Die Schlussfolgerung daraus ist, dass DIE LINKE aufhören muss, ihr politisches Schicksal an das Tun oder Lassen anderer politischer Kräfte wie SPD und GRÜNE zu binden und auf eine rot-rot-grüne Regierung im Bund und den Ländern zu setzen. Leider hat die Vorstellung einer solchen Regierung in der LINKEN derzeit wieder Hochkonjunktur bis in Teile der Parteilinken hinein – vor allem aus zwei Gründen: Weil ein rot-rot-grünes Bündnis angesichts des Höhenflugs der GRÜNEN wieder rechnerisch möglich erscheint und weil es fälschlicherweise als Antwort auf Rechtspopulismus angesehen wird. Dabei zeigt gerade Brandenburg, dass die Opferung linker Positionen in der rot-roten Regierung die AfD noch weiter gestärkt hat.
DIE LINKE muss auf ihre eigenen Kräfte vertrauen, eine starke sozialistische und in Kämpfen verankerte Opposition aufbauen und zu einem radikaleren und risikobereiteren politischen Auftreten finden.
Die AKL hat vielfach ihre Vorschläge dazu ausgearbeitet, wie DIE LINKE zu einer in Betriebs- und Stadtteilgruppen aktiven und sozial verankerten sowie kämpferischen Partei werden kann. Es gibt ganz sicher eine Alternative zur trügerischen Hoffnung, andere Kräfte sollen doch endlich mal was tun und uns entgegenkommen. Im Gegenteil: diese Kräfte werden erst dann in Bewegung geraten, wenn DIE LINKE eine solcherart eigenständig agierende Partei ist.
Aufgabe der Partei ist es, die Pflege- und Mietenkampagne strategisch zuzuspitzen und qualitativ mehr Ressourcen dafür bereit zu stellen. Der bundesweite Mieten-Ratschlag am 28.09. in Hamburg und der Vorschlag, die Forderungen nach Enteignung von Immobilienkonzernen und den Kampf für einen bundesweiten Mietendeckel, der auch wirklich dicht ist, stärker in den Mittelpunkt der Kampagne zu stellen, sind ein guter Auftakt. Die AKL setzt sich für eine starke Mobilisierung zur Mietenwahnsinn-Demo am 3. Oktober in Berlin ein und dafür, eine zum rot-rot-grünen Senat eigenständige radikale Position zum Mietendeckel zu beziehen. Für einen Mietendeckel ohne Ausnahmen, drastische Senkung der Obergrenzen und einen allgemeinen gesetzlichen Anspruch auf qualitative Mietsenkung. Die AKL wird weitere strategische und politische Vorschläge für die beiden Kampagnen entwickeln.
4. Bürgerliche Parlamente besitzen auch für linke Parteien eine hohe Integrationskraft
Die zwölf Jahre der LINKEN sind auch eine Wiederholung dessen, was viele linke Parteien vor ihr erlebt haben. Auch DIE LINKE erlebt heute eine wachsende Schicht von Berufsparlamentarier*innen und ihnen zuarbeitenden Berufspolitiker*innen. Sie erobern schleichend die Kreisvorstände, die Landesvorstände und den Parteivorstand; sie besetzen dauerhaft Delegiertensitze bei Parteitagen. Das entmachtet und entmündigt die Mitgliedschaft. Gleichzeitig entwickeln sie ein Paket von materiellen und politischen Eigeninteressen, das für langsameren Rhythmus, Bedenkenträgerei, faule Kompromisse mit angeblichen Bündnispartner*innen; personalisierte Machtkämpfe und Konkurrenzen untereinander und mit der politischen Parteiführung sowie für die eingeschränkte Sicht aus der und in die parlamentarische Blase steht. Die Widerstandskräfte der einzelnen Funktionär*innen gegen diese Tendenzen sind unterschiedlich ausgeprägt, das hängt auch von ihrer Einbindung in aktive Parteistrukturen oder politische Strömungen ab, auch bestreitet niemand den aufopfernden Einsatz dieser Genossinnen und Genossen, aber dennoch ist die Gesamtentwicklung für die Partei problematisch.
Diese strukturkonservative Schicht bremst und desorientiert die Partei. Auch andere, nicht-linke Parteien leiden darunter, aber sie haben mehr Möglichkeiten zwischen Anpassung, Bestechung und Zynismus, um damit zurechtzukommen als eine programm- und prinzipientreue linke Partei.
Die AKL hat mehrfach ihre Vorschläge zur Eindämmung dieser Entwicklung und Einhegung der strukturkonservativen Kräfte präsentiert: Befristung aller Mandate und Ämter; Rotation; keinerlei materielle Privilegien; keine Ämterhäufung; Rechenschaftspflicht und Abwahlmöglichkeit, durchschnittliche Facharbeiter*innengehälter für Genoss*innen in Leitungsfunktionen und einiges mehr.
Die Zeit drängt, dass DIE LINKE in dieser Hinsicht aktiv wird. Die jüngsten Auseinandersetzungen – oft nur dürftig überlagert durch „politische Fragestellungen“ – waren schon im großen Maße Machtkämpfe innerhalb dieser Funktionärsschicht in der LINKEN. Insbesondere das Kräfteverhältnis zwischen Parteistrukturen und den Parlamentsfraktionen ist Gegenstand von heftigen Konflikten.
Wir haben es schon mehrfach gesagt: Wir müssen aktiver werden und jetzt etwas dafür tun, damit DIE LINKE nicht so wie so viele linke Parteien vor ihr zu einer Partei wird, in dem die Mitglieder gar nichts, die Vorstände wenig und Fraktionen alles zu sagen haben.