Runder Tisch im Liebknecht-Haus

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Junge Greenpeace-Aktivisten trafen in besetzter Linken-Zentrale auf Realpolitiker. Von Claudia Wangerin

Rund 30 Greenpeace-Aktivisten hatten ihre Zelte im Innenhof des Karl-Liebknecht-Hauses, der Berliner Zentrale der Partei Die Linke, aufgeschlagen, und zehn weitere auf dem Dach, während sich am Dienstag Vertreter beider Organisationen im Erdgeschoß zu einem »runden Tisch« trafen.   


Linksparteichefin Katja Kipping hatte dies angeboten, als die Umweltschützer am Montag Teile des Gebäudes besetzt hatten, um gegen die Energiepolitik der Linken in Brandenburg zu protestieren, wo die Partei vier Minister in einer Koalition mit der SPD stellt. Das rot-rote Kabinett plant, am 3. Juni die Ausweitung des Braunkohletagebaus in Welzow-Süd zu beschließen – und damit die Umsiedlung Hunderter Menschen, obwohl die Partei für den Kohle-Ausstieg plädiert. »100 % unglaubwürdig. Die Linke. Raus aus der Braunkohle«, heißt es auf einem riesigen Transparent, das die Greenpeace-Aktivisten vom Dach herunterließen, und auf Schildern, mit denen weitere – die meisten im Alter zwischen 16 und 25 – den »Runden Tisch« umringten. Den Besetzern war nach anfänglichem Streit um ein Dixie-Klo im Innenhof gestattet worden, die Toiletten des Hauses zu benutzen. Die Parteichefin erklärte, sie wolle den »Besuch« nutzen, um den Dialog zu vertiefen. Doch Kipping fühlte sich merklich unwohl – weder wollte sie den Kurs der Brandenburger rechtfertigen, noch sich klar dagegen aussprechen. Wie der frühere brandenburgische Landeschef und jetzige Bundesschatzmeister der Linken, Thomas Nord, betonte Kipping in der Gesprächsrunde, daß der Landesverband und nicht etwa die Bundespartei sich für diese Koalition entschieden habe. Das müsse bei Greenpeace ankommen. Der energiepolitische Sprecher der Linksfraktion in Brandenburgs Landtag, Thomas Domres, verteidigte die bisher geplante Zustimmung zur Ausweitung des Tagebaus mit dem Hinweis, die Koalition werde sonst noch vor der Landtagswahl am 14. September auseinanderbrechen.

Tobias Pflüger vom Parteivorstand der Linken sprach sich klar gegen die Pläne aus. Er und die umweltpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Eva Bulling-Schröter, versprachen, sich einem Greenpeace-Protest vor dem Landtag in Potsdam anzuschließen, als eine Parteifreundin empfahl, die SPD in Sachen Braunkohle nicht aus den Augen zu lassen. Der runde Tisch soll vor dem Kabinettsbeschluß am 3. Juni noch einmal zusammenkommen – entweder am selben Tag in den Morgenstunden oder bereits am Freitag.

Zuerst erschienen in: Junge Welt, 28. Mai 2014

 

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