Beschluss der AKL-Bundesmitgliederversammlung am 11. Januar 2015 in Berlin-Lichtenberg
Die Wahlen in Griechenland sind eine Chance für einen Kurswechsel im Land, weg von der Umsetzung der Troikapolitik. Die griechische Bevölkerung hat nun die Möglichkeit, dem neoliberalen Austeritätsspuk ein Ende zu machen. Die Austeritätspolitik von Merkel und Co. hat das Land verwüstet und zu massiver Armut und Ausgrenzung eines großen Teils der Bevölkerung geführt. Nun kann in einem der von der Krise am stärksten betroffenen Länder eine Regierung gewählt werden, die Alternativen zu den aufgezwungenen Einsparprogrammen der Troika durchsetzen will. Es gibt Alternativen zu der angeblich „alternativlosen“ Politik der EU und nicht diese Alternativen destabilisieren sondern die Politik zur Rettung von Banken und Konzernen.
Die Linkspartei Syriza hat ein Wahlprogramm beschlossen, in dem der „Logik der unrealistischen primären Haushaltsüberschüsse“ eine Absage erteilt wird. Das Programm sieht eine „Übereinkunft auf Werkzeuge für ein Wirtschaftswachstum“ vor, von dem alle Bürger*innen profitieren sollen. In Verhandlungen innerhalb der Europäischen Union und der europäischen Institutionen soll über die Bedienung der griechischen Schulden neu entschieden werden. Dabei strebt Syriza die Streichung des größten Teils der Schulden und die Rückzahlung des Restes abhängig vom Wirtschaftswachstum des Landes an.
Ein möglicher Sieg von Syriza bei den kommenden Wahlen in Griechenland gibt Hoffnung auf einen möglichen Richtungswechsel der Politik in Europa. Ein anderes soziales, friedliches, ökologisches und demokratisches Europa erscheint möglich – auch wenn die Schwierigkeiten der Umsetzung des Wahlprogrammes erst nach der Wahl beginnen werden. Schon jetzt werden Drohungen und Druck von Seiten der Staats- und Regierungschefs der EU, der Troika und der Finanzinstitutionen ausgeübt, um die Wahl der griechischen Bevölkerung zu beeinflussen. Das ist inakzeptabel.
Glaubt man den Erklärungen aus den Reihen der Athener Regierungskoalition, es „drohe Griechenland das Chaos“, sollte Syriza als Siegerin aus den Parlamentswahlen hervorgehen. Vor einer „irreparablen Schädigung der griechischen Wirtschaft“ aufgrund der entstandenen „politischen Instabilität“, warnte Yiannis Stournaras, Präsident der griechischen Zentralbank und bis Mai 2014 Finanzminister in der Regierung Samaras. Unterstützt wird die Angstkampagne vor einem möglichen Regierungswechsel durch ranghohe EU-Funktionäre, wie den Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker. In Brüssel sehe man lieber „vertraute Gesichter“ in einer zukünftigen griechischen Regierung.
Auch führende deutsche Regierungspolitiker und die Mehrzahl der Medien beteiligen sich, wie schon während des Wahlkampfes im Frühsommer 2012, an dieser Kampagne. Ihre Botschaft an die griechischen Wähler*innen lautet: Ihr werdet einen hohen Preis für eine Wahlentscheidung zu Gunsten der Linken zu zahlen haben. Die Märkte und das übrige Europa – darunter verstehen sie deren Regierungen – werden euch das Vertrauen entziehen und Griechenland in eine noch größere wirtschaftliche Depression stürzen. Die Drohkulisse ist aufgebaut; ob sie die beabsichtigte Wirkung bei den Wählern hervorruft, bleibt offen.
Denn die letzten zweieinhalb Jahre der bedingungslosen Umsetzung der Spardiktate durch die Athener Regierung haben eine wirtschaftlich, sozial und humanitär zerrüttete Gesellschaft hinterlassen. Demokratische Verfahrensweisen und Regeln sind diesem Prozess zum Opfer gefallen. Die Bevölkerung hat bei den Neuwahlen die Chance, die für diese Entwicklung mit verantwortlichen Politiker und Parteien in Griechenland abzuwählen.
Die eigentliche Aufgabe liegt aber vor Syriza, sollte die Partei nach den Wahlen die stärkste Partei werden. Dann geht es darum, das Wahlprogramm umzusetzen. Schritte, wie kostenlose Energie- und Gesundheitsversorgung für bedürftige Familien, ein Wohnraumprogramm und die Erhöhung des Mindestlohnes kratzen noch nicht an den kapitalistischen Eigentumsverhältnissen. Aber Syriza wird es mit der versammelten Wirtschaftsmacht im Euroraum zu tun bekommen, die keine Änderung der bestehenden Verhältnisse wollen.
Die griechische Bevölkerung braucht bei der Wahrnehmung ihrer demokratischen Rechte keine ungebetenen Ratschläge von außen, vor allem keine Drohungen durch die wirtschaftlich Mächtigen und durch Regierungsvertreter aus anderen europäischen Staaten.
Wir lehnen die Vorstellung der Bundeskanzlerin Merkel von einer „marktkonformen Demokratie“ ab, nach der ganz Europa funktionieren soll. Dem Recht des Stärkeren und der Märkte setzen wir die Solidarität der „Schwachen“, der arbeitenden und erwerbslosen Bevölkerungen in Europa entgegen.
Wir werden der Hetze durch Medien und Politiker in Deutschland entgegentreten, die das Ziel verfolgen, diese Zustände aufrecht zu erhalten und werden der griechischen Bevölkerung solidarisch zur Seite stehen!
Wir unterstützen überall in Europa diejenigen, die für eine Veränderung der politischen Kräfteverhältnisse, für einen wirklichen Politikwechsel kämpfen, die gemeinsam mit der griechischen Bevölkerung ein soziales, ökologisches, friedliches und demokratisches Europa aufbauen wollen!