Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch, 12. September 2012 um ein weiteres Mal bewiesen, was Karl Marx bereits 1875 wusste: „Das herrschende Recht ist das Recht der Herrschenden“ (Aus: „Zur Kritik des Gothaer Programmes“). Auch wenn die Deckelung des ESM auf ca. 190 Milliarden Euro diesen permanenten „Rettungsschirm“ grundsätzlich in Frage stellt, ist das Durchwinken des Fiskalpaktes ein harter Schlag gegen das Soziale und die Demokratie.
Es wäre gelogen, wenn wir dieses Urteil als große Überraschung bezeichnen würden. Schließlich war die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass das Bundesverfassungsgericht einen Kniefall vor den Interessen des deutschen Kapitals und der Bundesregierung macht.
Dennoch war es richtig, dass DIE LINKE den Weg nach Karlsruhe beschritten hat. Wir müssen demokratische Rechte verteidigen, auch mit den Mitteln einer Verfassungsklage. Und zumindest hat die Klage im Vorfeld eine öffentliche Diskussion über den künftigen Weg der EU gefördert, die nicht nur von nationalistischen Vorbehalten beherrscht wird.
Es bleibt dabei: ESM und Fiskalpakt erhöhen den Druck für Sozialabbau, Privatisierungen und Abbau öffentlicher Leistungen. Wir verweisen auf die Erklärungen von LINKE-Abgeordneten vom 29. Juli 2012 – an diesem Tag hatte die Linksfraktion im Bundestag geschlossen gegen dieses autoritäre Krisenmanagement gestimmt.
EZB-Ankäufe ablehnen
Linke EU-Kritik ist dringender denn je. Das gilt auch für die Entscheidung des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, künftig direkt und unbegrenzt Staatsanleihen aufzukaufen. Dieser Versuch, den Euro-Kapitalismus zu retten, müssen Linken ohne wenn und aber ablehnen. Wir sind dagegen, dass Lohnabhängige, Erwerbslose, RentnerInnen und Studierende für die Rettung von Banken aufkommen müssen. Erst diese „Bankenrettungen“ haben die Krise der Staatsfinanzen erzeugt.
Wir finden es falsch, wenn LINKE Draghis Maßnahme begrüßen, weil sie den Staatsbankrott in Spanien und Griechenland verhindere und den Euro rette. Nicht weitere Millionen an Banken, sondern ein Schuldenschnitt, die Rücknahme der Kürzungsauflagen, sowie die massive Besteuerung von Reichtum nutzen der europäischen Bevölkerung, sie sind konkrete Schritte zur Lösung der Krise im Interesse der Lohnabhängigen, RentnerInnen, Erwerbslosen und Studierenden. Das Erfurter Programm ist die Grundlage unserer Politik: „Private Banken müssen verstaatlicht, demokratischer Kontrolle unterworfen und auf das Gemeinwohl verpflichtet werden.“ (IV., 1., Finanzsektor)
Linke EU-Kritik
Bei Draghis EZB-Politik besteht das Problem nicht im Kauf von Staatsanleihen an sich – schließlich fordern LINKE seit Jahren zurecht die Abkoppelung der Staaten von der Macht der Finanzmärkte. Es geht in erster Linie um die Bedingungen, die die EZB den Empfänger-Staaten auferlegt. Zu denen gehören Sozialabbau, Privatisierungen und Stellenabbau im öffentlichen Dienst – diese Bedingungen verschärfen die Krise der kleinen Leute und füllen die Taschen der oberen Zehntausend. Es ist nicht der „deutsche Steuerzahler“, der vor den „vereinigten Schulden von Europa“ gerettet werden muss, sondern die besitzlosen Klassen aller europäischen Länder, die ihre grundlegenden Interessen gegen die Angriffe des Kapitals, insbesondere des deutschen, verteidigen müssen.
Wenn DIE LINKE eine deutliche, internationalistische, linke EU-Kritik formuliert, kann sie zur Zurückdrängung chauvinistischer Stimmungen in der Bevölkerung beitragen. Dazu gehört auch, darauf hinzuweisen, dass die herrschende deutsche Politik nicht im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung gemacht wird, sondern insbesondere auch im Interesse des deutschen Kapitals. Wir werden das Kopfschütteln über die europäische Politik nicht den Rechten überlassen – sie wollen ein Zurück zum autoritären Nationalstaat, wir aber wollen ein anderes, ein solidarisches Europa von unten!
Beschlossen vom Länderrat der Antikapitalistischen Linken am 16. September 2012 in Göttingen