Bericht zur Videokonferenz des Parteivorstandes der LINKEN vom 12.09.2021

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Von Thies Gleiss, Mitglied des Bundessprecher*innenrates der Antikapitalistischen Linken

Die LINKE ist in aller Munde, aber was macht die Partei daraus?

Am 12. September 2021, dem 41. Jahrestag des Militärputsches in der Türkei, tagte der Parteivorstand der LINKEN als Videokonferenz.

An der Sitzung nahmen bis zu 33 der 44 gewählten PV-Mitglieder teil. Die Teilnahme nahm in der zweiten Hälfte der Sitzung stark ab, eine Beschlussfähigkeit war nicht mehr vorhanden. Es nahmen zusätzlich fünf Abgeordnete der Bundestagsfraktion beziehungsweise der Fraktion im Europaparlament teil.

Alle Beschlüsse und Vorlagen sind auf der Website der LINKEN in Kürze nachzulesen: https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/parteivorstand/2018-2020/beschluesse/

Aktuelle Politik und Wahlkampf

In der Aussprache zur aktuellen politischen Lage ging die Parteivorsitzende Susanne Hennig-Wellsow auf die bescheidenen Umfrageergebnisse der LINKEN, die laut Umfragen möglichen neuen Mehrheitsverhältnisse im Bundestag und den Stand des Wahlkampfes ein. Insbesondere erklärte sie sich zu einem Artikel in der FAZ, der auf einem Hintergrundgespräch mit ihr beruhte, und in dem detailliert über Vorbereitungsgespräche für Sondierungsgespräche mit SPD und GRÜNEN, Personalvorschläge und inhaltliche Zugeständnisse berichtet wurde.

Dieses Treffen hat stattgefunden. Gleichzeitig gäbe es informelle Treffen einer Gruppe von Vertrauten von ihr, die logistische Hilfen zur Vorbereitung kommender Sondierungsgespräche vorbereiten würde („Ein Drehbuch dafür solle geschrieben werden“). Die namentlichen Vorschläge für „wichtige Funktionen“ bei solchen Sondierungsgesprächen, die kolportiert werden (u.a. Bodo Ramelow und Benjamin Hoff aus Thüringen) wurden bestätigt.

Susanne Hennig-Wellsow bedauerte, dass all dies ohne Kommunikation mit dem PV oder dem geschäftsführenden PV stattgefunden habe und versprach, dies so nicht fortzusetzen, aber ihre Absicht, überall deutlich zu zeigen, dass „die LINKE bereit ist für ein rot-rot-grünes Bündnis“, werde sich nicht aufgeben.

Den Ausführungen der Vorsitzenden folgte eine lange Diskussion. Alle daran Teilnehmenden kritisierten heftig, dass die Nichteinbeziehung des Parteivorstandes nicht zu akzeptieren sei. Sämtliche Gespräche, Sondierungen und deren Vorbereitung müssen in der Verantwortung des Parteivorstandes liegen und entsprechend personell zusammengesetzt sein.

Fast alle betonten auch, dass solche Voraboperationen, ohne das Wahlergebnis zu kennen, letztlich unnütz sind und in die Irre führen.

Thies Gleiss erklärte in seinem Wortbeitrag, dass die Veröffentlichung eines zusammengestrichenen Wahlprogramms in Form des „Sofortprogramms“, ebenfalls am Parteivorstand vorbei, und diese schon fortgeschrittenen organisatorischen konspirativen Maßnahmen zusammen gesehen werden müssten. Hier sollen offenkundig Tatsachen geschaffen werden, die die LINKE komplett verändern und neu aufstellen sollen.

Diese Operation hat bisher noch keinerlei positiven Auswirkungen auf die Umfrageergebnisse gehabt, wie es sich vielleicht einige versprochen haben. Im Gegenteil: Die Umfragewerte stagnieren oder gehen zurück. Die LINKE ist im öffentlichen Diskurs zwar vorhanden, aber nur durch das Gerede der anderen, ihre eigene Performance unterstreicht nur, dass sie zur Selbstaufgabe bereit ist.

Die Debatte wurde ohne konkrete Beschlüsse beendet.

Sonstige Beschlüsse zur aktuellen Politik

– Der Parteivorstand nahm eine Vorlage des Bundesgeschäftsführers an. Unter dem Titel „Umverteilen, Umbauen, Investieren“ werden darin die wichtigsten Vorschläge der LINKEN zur Finanzierung eines Politikwechsels komprimiert dargestellt.

– Der PV nahm einmütig eine Solidaritätsresolution für die Beschäftigten im Groß- und Einzelhandel an, die in einem schwierigen Tarifkampf stehen.

– Nach längerer kontroverser Diskussion, vor allem über die Gewerkschaft GDL und ihre Forderungen, nahm der PV mit knapper Mehrheit eine Solidaritätserklärung „mit dem Lohnkampf der DB-Beschäftigten“, aber mit gleichzeitiger Kritik an der GDL an.

Der Alternativ-Antrag von Thies Gleiss, der diese Kritik an der GDL streichen und eine praktische Solidarität mit dem Streik und Unterstützung der linken mit der GDL solidarischen „Streikzeitung“ forderte, wurde entsprechend knapp abgelehnt.

– Der PV nahm, ebenfalls nach längerer Debatte vor allem über die Rolle des Berliner Senats, eine Solidaritätserklärung mit den Streikenden der Berliner Klinikbetriebe Vivantes Charité und deren Tochterbetriebe mehrheitlich an. Beschlossen wurde der Text-Vorschlag von Thies Gleiss, ein Alternativantrag von Katina Schubert wurde abgelehnt.

– Der PV beschloss einmütig die eigenständige Teilnahme an einem Aktionstag am 7. Oktober 2021 aus Anlass des Beginns des Afghanistan-Krieges vor 20 Jahren

Weitere Beschlüsse und Berichte

– Die „Wahlkampf-App“ der LINKEN ist erfolgreich gestartet. Dazu gab es einen Bericht der Verantwortlichen. Über den Webbrowser kann die APP bestaunt werden: https://die-linke.app/

– Der Bericht des Schatzmeisters zu den Finanzplanabrechnungen für das 2. Quartal wurde gebilligt.

– Es wurde für eine nächste Arbeitsperiode eine neue „Satzungskommission“ berufen, die notwendige oder gewünschte Satzungsänderungen vorbereiten soll.

– Der vom Parteitag an den Parteivorstand überwiesene Antrag P.06 (der wünschte, dass innerhalb der LINKEN neue Debatten- und Sitzungsformate ausprobiert werden sollen) wurde angenommen

– Der ebenfalls überwiesene Antrag P.07 (Alternative Formen von Leitanträgen sollen entwickelt werden) wurde noch einmal vertagt.

Thies Gleiss

Köln 03. Juli 2021