Der Landesparteitag (LPT) am 23./.24. 11. 13 stand zwei Tage lang im Zeichen von Wahlen: einmal vor allem zu Landesvorstand und Bundesparteitag und zum anderen denen zum Bundestag.So gab es lange Berichte und Analysen, darüber eine bunte belebende Debatte, zeitraubende Wahlen mit kurzen schrillen Tönen bei einigen Kandidaturen und interessante Reden von Genossen aus Frankreich und Thüringen.Für die einen waren die Wahlen erfolgreich, wenn auch nüchtern die fehlende landes- und kommunalpolitische Verankerung konstatiert wurde. Doch jetzt gelte es linke Politik durch Mandate in die Kommunen zu bringen. Andere sahen uns mit einem blauen Auge nochmal davongekommen.
Die Kritik an SPD und Grünen in Bund und Land war deutlich und man nahm zumindest vorerst Abschied von Rot-Rot-Grün, wobei die neuerliche Offenheit der SPD gegenüber der LINKEn mit Interesse zur Kenntnis genommen wurde. Im Übrigen vertraute man auf die Haltelinien, die uns vor einem Einknicken bewahren würden, besonders unser Antimilitarismus wurde immer wieder beschworen.
Lediglich in der Debatte tauchten neue Töne auf: vor der Umarmungsstrategie der SPD wurde gewarnt, der Blick auf FRONTEX, Griechenland, Blockupy gerichtet.
Diese Perspektive über die Parlamente hinaus war bei den offiziellen Berichten und Analysen wenig zu vernehmen, und da nun die Koalitionsfrage nicht mehr aktuell ist, schien ein Nachdenken über Regierungsbeteiligung und die Rolle des Parlaments nicht mehr wichtig. So war es nur folgerichtig, dass die Antragskommission empfahl, unseren Antrag zu „Spekulationen über Rot-Rot-Grün“ an den Landesvorstand zu überweisen. Wenigstens etwa 20 Delegierte – ein Zehntel der noch Anwesenden – war für eine Behandlung. Dagegen war der Tenor der großen Mehrheit: ein „Weiter-So“ .
Auch bei den Wahlen gab es einige Misstöne. Zuweilen wurde bei der Befragung von Kandidaten insbesondere zu Landesvorstand und Schiedskommission die sachlich politische Ebene weit überschritten, persönliche Angriffe vorgebracht, so dass zumal uninformierte Delegierte nur den Kopf über das fehlende Konfliktmanagement schütteln konnten und sich fragten, welche politische Differenzen l dahinter liegen. „Strömungsfreiheit“ scheint übrigens – aber nicht unwidersprochen – ein positives Kandidatenmerkmal geworden zu sein (wir waren sichtbar zum ersten Mal mit einem AKL-Stand vertreten.)!
Schließlich wurden gleichwohl einige begrüßenswerte Anträge verabschiedet, z.B. für Blockupy, gegen das AFRICOM als Leitstelle für den Drohnenkrieg in Afrika, gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen USA und EU und zur Unterstützung des Streiks im Einzelhandel.
Zuvor- am Sonntagvormittag! – hatte Bodo Ramelow in einer umfassenden und anregenden Rede u.a. auch zur Regierungspolitik gesprochen und zwar, dass es da nicht an sich ums Regieren gehe, sondern darum, wie viel Veränderung dadurch möglich sei, ob dies Schritte in die richtige Richtung seien. Er endete mit einem rasanten Rundschlag, indem er zum parlamentarischen und außerparlamentarischen Kampf bis hin zum zivilen Ungehorsam aufrief. Was der Saal mit stehenden Ovationen quittierte. Es tat wieder gut zu hören, dass wir als Linke recht haben, aber es fehlt dabei, wie so oft, eine Antwort auf die Frage, wie wir recht bekommen.
Insgesamt also ein anstrengender, wenig abwechslungsreicher Wahl-Landesparteitag, – viel Formales: Wahlen, Berichte, aber kaum politisch ansprechende Diskussionen.
Zwei Zitate mögen diesen zwiespältigen Eindruck widergeben: Sibylle Stamm eröffnete den Parteitag mit dem Satz: „ Die Geschichte gehört uns- es ist nur eine Frage der Zeit.“ hoffnungsvoll-abwartend. (Damit wandelte sie den Appell Allendes in seiner letzter Rede: „Die Geschichte gehört uns, es sind die Völker, die sie machen.“ eher in eine objektivistische Aussage über den Gang der Geschichte ab.) Bernhard Strasdeit hingegen bemühte in einem aktivistischen Impuls Thomas Morus: „Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme.“
Dies schienen vielleicht ein paar junge Genossinnen und Genossen zu spüren, indem sie ganz am Schluss in der Sängerhalle zaghaft mit der Internationale begannen und dann doch die noch Ausharrenden mit hineinzogen.
Für die AKL ergeben sich nun m.E. daraus etliche Fragen:
1) Ist es möglich, auf den Ablauf des Parteitags in Richtung mehr Beteiligung, Diskussion Einfluss zu nehmen?
2) Sollen wir dazu Mitwirkungen anstreben z.B. in Richtung Antragskommission, Präsidium?
(Für den Landesausschuss haben wir von Stuttgart aus ein Mandat erhalten.)
3) Warum werden Redner wie Bodo Ramelow zur Aufmunterung der Delegierten eingeladen? Welche Vorstellung von Parteitag und Delegierten steht dahinter?
4) Wie erreichen wir in Zukunft wenigstens die Diskussion von Anträgen?
5) Was bewirkt aber tatsächlich eine solche Diskussion, wenn sie nur von 10% der Delegierten gewollt wird? Was müssen wir dazu außerhalb des Parteitags tun?
6) Was steht hinter der Betonung, strömungsfrei zu sein? Die Schwierigkeit, Konflikte auszuhalten?
7) Wie ist die Situation der LINKEn in BW insgesamt zu sehen? Welche Schwerpunkte für unsere Arbeit in der Partei und vor allem außerhalb der Partei müssen wir uns suchen?
So hoffe ich, einige Anregungen zum Nachdenken gegeben zu haben – auch im Sinne unseres ältesten Mitglieds (Theo Bergmann, Jg. 1916, Ex-KPO), der vor einem Jahr an die Europa-Tagung den Appell richtete: „Macht den linken Flügel stark!“