von Ulla Jelpke
Der Bundestag hat gestern mit großer Mehrheit ein Mandat für einen Kampfeinsatz der Bundeswehr beschlossen (zur Absicherung der Vernichtung syrischer Chemiewaffen). Das ist im Prinzip nichts Neues – erstmals hat es dafür aber auch Ja-Stimmen aus der Linksfraktion gegeben. Ich habe, gemäß meiner Überzeugung und dem Parteiprogramm, wie die Mehrheit der Fraktion mit Nein gestimmt und gemeinsam mit 14 anderen GenossInnen eine Schriftliche Erklärung ins Protokoll des Bundestages aufnehmen lassen (auf dieser Homepage veröffentlicht). Außerdem habe ich eine weitere persönliche Erklärung dazu abgegeben:
In diesem Parlament werden zurzeit im Wochentakt Militäreinsätze beschlossen. Es wird umgesetzt, was die Große Koalition angekündigt und was Bundespräsident Joachim Gauck bei der Münchner Sicherheitskonferenz gefordert haben: Deutschland will militärisch wieder an möglichst vielen Schauplätzen der Welt mitmischen, Deutschland will zur weltweiten Militärmacht werden, der bewaffnete Einsatz – früher hat man einfach Krieg gesagt – soll zur normalen Option deutscher Außenpolitik werden.
Ich bin nicht in dieses Parlament gewählt worden, um dieser militaristischen Politik zuzustimmen. Ich habe in den vielen Wahlkämpfen, die ich bislang für die PDS und die Linke geführt habe, immer klargestellt, dass ich gegen jeden deutschen Militäreinsatz bin, so wie es auch heute im Programm der Linkspartei und auch im Wahlprogramm verankert ist.
Es ist bezeichnend, dass eine kompromisslose Antikriegspolitik vom Mainstream der deutschen Medien und von deutlich über 90 Prozent dieses Hauses als „nicht regierungsfähig“ abgetan wird. Ich mache keinen Hehl daraus: Wenn die Bereitschaft zum Krieg, die Bereitschaft zur Entsendung der Bundeswehr, die Eintrittskarte zum Regieren sein soll, dann bin ich gegen das Mitregieren.
Das gilt auch bei der heutigen Abstimmung. Da ist zunächst festzuhalten: Es gibt für die von der Bundesregierung geforderte Militärmission nicht einmal ein UN-Mandat. Es gibt keine präzise Gefährdungseinschätzung und keinerlei konkrete Hinweise auf mögliche Angriffe auf das US-amerikanische Schiff, auf dem die Chemiewaffen
neutralisiert werden sollen. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage vage auf mögliche „organisierte Kriminalität, Piraterie und Terrorismus“ verwiesen. Damit lässt sich aber kein Bundeswehrmandat rechtfertigen. Die aufgezählten „möglichen“ Bedrohungen sind allesamt nichtmilitärischer Natur. Ihre Abwehr ist eine Polizeiaufgabe. Das betont die Linke schon in der Kritik des „Antipiraterie“-Einsatzes vor Somalia, und das gilt es auch jetzt zu betonen. Die EU-Mittelmeeranrainer verfügen über entsprechende polizeiliche Ressourcen, ihre Küstenwachen und andere Grenzbehörden sind für den Einsatz auch auf See ausgestattet. Davon abgesehen ist das Mittelmeer ohnehin schon hochmilitarisiert und wimmelt nur so von Kriegsschiffen der NATO. Ein zusätzlicher Bundeswehreinsatz ist daher auch sachlich unnötig und dient einzig dem politischen Zweck, Deutschland wieder an eine Art vorderster Front zu bringen.
Hinzu kommt, dass das Mandat, wie gewohnt, extrem „großzügig“ ist und nicht nur das Mittelmeer, sondern auch bei Bedarf den Nordatlantik mit angrenzenden Seegebieten in internationalen Gewässern umfasst. Mit an die 50 Millionen Quadratkilometer deckt das Mandat damit einen äußerst großen Teil der Nordhalbkugel der Erde ab. Das ist sachlich völlig unnötig und nur Ausdruck des Großmachtstrebens, das hinter dem Mandat steckt.
Eine Zustimmung zu einem solchen Einsatz würde nicht nur die prinzipielle Haltung der Linken gegen Bundeswehreinsätze im Ausland durch eine nur scheinbar harmlose Einzelfallentscheidung durchlöchern. Sie würdeauch den Einsatz der Bundeswehr zum Zwecke der „Abwehr“ einer „Gefahr“ gutheißen, die ganz und gar im Vagen bleibt. Und sie würde die Mandatierung der Bundeswehr mit Polizeiaufgaben legitimieren. Das sind vieleGründe, dagegenzustimmen.